EIGENTLICH

Der neue Roman hat nur noch 174 Seiten, 18 Seiten sind gestrichen worden, ob’s nötig war, kann ich noch nicht sagen, dazu muss ich das ganze Ding jetzt erst einmal schwarz auf weiß lesen. Ich freue mich drauf und bin gespannt, wie mir der Text gefällt und wie objektiv ich ihn betrachten kann. — Heute habe ich die ersten fünfzig Seiten gelesen und war erst ziemlich beunruhigt, weil mir der Stil am Anfang nicht gefallen hat. Ich brauchte ein wenig, um reinzukommen, aber ich muss sagen, jetzt gehts gut nach vorn. Hoffentlich bleibt das Tempo bis zum Schluss bestehen, ein gutes Buch hat Rhythmus vom Anfang bis zum Ende, egal ob’s schwere oder leichte Kost ist.

Am Donnerstag lese ich übrigens ab 19.30 im Platz-Projekt Linden, Fössestraße 103. Ich gebe zwei Kurzgeschichten zum besten, andere Autoren lesen auch etwas vor, bin neugierig, ob sie mithalten können. HA! Nichts für ungut, Hauptsache es macht Spaß, nicht wahr. Spaß … Klar macht Schreiben Spaß, aber es ist kein Spaß, wenn man von leben will. Ich habe ja das Glück, die kleine Frührente zu bekommen, lieber wäre mir natürlich, ich würde mir das Geld verdienen, aber die meisten Autoren müssen irgendeinen Job ausüben, also habe ich mehr Glück. Soll nicht heißen, dass ich Glück habe, krank zu sein, das nicht, aber ich habe eben das Glück, mehr Zeit für das Schreiben aufwenden zu können, und nutze sie leider viel, viel zu wenig. Immerhin schreibe ich fast jeden Tag, der Stoff scheint mir nicht auszugehen. Mein Wunsch ist es, alle zwei Jahre ein Buch zu schaffen, besser wäre natürlich eins pro Jahr, aber es soll ja auch gut sein, und da mir der liebe Gott die Technik des Schreibens nicht in die Wiege gelegt hat, muss ich mir alles hart erarbeiten. Lesen, lesen, lesen und lernen, lernen, lernen. Immer aufmerksam sein, nicht nur auf Handlung und Inhalt achten, sondern in aller erster Line auf das Handwerk. Ich laber schon wieder zu viel. Wen interessiert das schon? Dich? Oder dich? Aber was wollt ihr lesen? Wenn ihr sensationsgeil seid, schlagt die Zeitung auf, da habt ihr genug Stoff für ein ganzes Leben. Ich könnte jetzt auch die Zeitung hier neben mich legen und irgendwelche Artikel kommentieren. Habe ich aber keine Lust zu, das sollen Leute machen, die sich auskennen. Ich kann was über’s Zigarrerauchen schreiben, oder auch darüber, wie es ist, manisch zu sein, oder schizophren, oder depressiv, oder voll paranoid. Das sind meine Themen, und natürlich kann ich über’s Schreiben schreiben. Ich könnte auch ne Menge über meine Familie preisgeben, über Oma, die bei uns wohnt, über meinen Sohn, meine Mutter, meine Frau, ich könnte über meine Freunde schreiben, oder über meine angeblichen Freunde, alles ist möglich. Will ich aber alles nicht. — Ich bin müde, ich bin wieder etwas deprimiert. Aber eigentlich auch wieder nicht. Eigentlich strahlt mir die Sonne aus dem Arsch. Eigentlich. Eigentlich weiß ich überhaupt nicht, was ich will, eigentlich. Na ja, eigentlich doch. Sogar ganz genau. Ich will Zeit und Energie! Konzentration. Ausdauer. Sex. Geld. Zigarren. Whisky. Gutes Essen und zwanzig Kilo weniger. n alten Volvo. Ebene auch materielle Dinge. Und mit Udo eine rauchen, im Atlantic. Tja, müsste ich ja wohl auch mal hinfahren, ist ja EIGENTLICH keine Strecke von Hannover, nicht wahr. Mit Marius würde ich auch gern reden, bevor einer von uns tot ist am besten. Ich kann mir vorstellen, dass Udo und Marius mich übeleben, so schlank und so gesund wie die sind. Aber wartet es mal ab, Freunde. Ab dem 25.6. JA! – merkt euch das Datum! – beginnt meine Diät. Ich werde dann versuchen, jeden Tag zu berichten, wie es mir ergeht. Der erste Teil jener Diät dauert 21 Tage an, dann gibt es ein paar Wochen Pause, und dann gehts wieder von vorn los. 20 Kilo sind mein Ziel! Ich laber und laber und laber, ist das nicht schön!? Ich hatte mal einen Chef – ja, sollte man nicht für möglich halten, aber ich habe auch mal gearbeitet! – der sagte immer: „Ist es nicht wunderbar, dass WIR hier zusammen sitzen DÜRFEN! Was für ein GLÜCK!“ Und ich dachte immerzu: Halt deine Fresse du Wichser, das ist das größte Pech auf Erden!!! Wir MÜSSEN hier mit dir sitzen, du Missgeburt! Wisst ihr was? Es ist schön, sich in Rage zu schreiben, es ist schön, sich aufzuregen, zu lästern, neidisch zu sein, das kickt doch, Leute! Hassen kickt auch. Deswegen hasst man auch so vieles. Liebe kickt auch, aber man liebt viel weniger als man hasst. Oder? Es gibt ja so viel Beschiss hier auf Erden, ist das nicht schön!? Warum lesen denn Millionen Menschen die BILD? Sie brauchen den Kick. Sie brauchen die Aufregung! RTL 2 und was weiß ich. Gibt die BILD mir genug Geld oder Werbemöglichkeit … Ja, oder eben nicht. Oder was weiß ich. Ist auch scheißegal jetzt. Ich hämmere hier auf den Tasten rum und rotze den größten Scheiß raus – das tue ich nur für dich! Du, mein einer Leser, und du, und du … Ach, ist das alles wundervoll. Jean, lebst du noch? Ich frag ja nur mal. Oli, und du? Ach, zu viel Alkohol? Quatsch, mach dir keine Sorgen, ich bin nüchtern, fast nüchtern, so gut wie nüchtern, nicht ganz, aber fast, nur angeheitert, jaja, ein Gläschen, mehr nicht, nein, bestimmt nicht, nein, danach hör ich sowieso auf. Für immer, für immer, für immer, aber erst morgen, morgen für immer, nein, nicht übermorgen, nur morgen … Am besten ich rede wieder mehr mit mir selbst, dann kommt da wenigstens was Vernünftiges bei raus, siehst du ja. Das hier hat Klasse, das hier hat Stil, nicht so n Scheiß wie von nebenan in der Kneipe. Mach mal Pause. Sei still. Schweig! Schweig! Wie lange noch soll das andauern? Das Leben. Dein Leben. Mein Leben. Mein Leben dauert so lange an, bis ich sage, jetzt ist Schluss. Stell ich mir jedenfalls so vor. Wenn Schluss ist, ist Schluss, Aus, Vorbei. Und dann? Nichts mehr? Glaube ich nicht. Ich hatte mal einen Chef, der war EIGENTLICH ganz nett, das Arschloch. Ehrlich, er war gar nicht so schlimm, die stinkende Schlampe. Er hat nur immer so dermaßen gestunken, nicht auszuhalten. Ach, wie herrlich mein neues Buch ist! Da lasse ich alles raus. Ich habe mir die Seele frei geschrieben, klar, jetzt ist sie schon wieder voll mit anderen Sachen. So spielt das Leben, jaja, so spielt es. Man kann sich gar nicht vorstellen, was ich für ein ruhiger Typ bin, wenn man das hier liest, nicht wahr. Nicht wahr. Doch wahr. Meistens höre ich nur zu und denke, man, wie lange muss ich das noch aushalten? Ich nicke aber auch immer schön und gebe so meinem Gegenüber zu verstehen: Ah ja, sehr interessant, wirklich, SEHR SEHR interessant, BITTE, BITTE MEHR davon. Bitte nicht aufhören. Wenn es Frauen sind, kann man ja wenigstens noch seine Fantasie spielen lassen, da fällt einem ja gedanklich ne ganze Menge ein, bei labernden Männern da rein, da raus. Scheißegal jetzt. Hier habe ich meine Ruhe, es ist 22 Uhr. Mann, ich muss mich jetzt zwingen aufzuhören. Eigentlich … Eigentlich … EIGENTLICH, oder auch nicht, mir doch völlig wumpe. Bis bald, lieber Leser, ich weiß, du schaltest wieder ein, weil es so schön ist, was du hier zu lesen bekommst, du kannst dich einfach nicht wehren, weil du hoffst, du erfährst hier den absoluten KNALLER! Kommt ja auch noch, hab Geduld … Jetzt ist Schluss. Gute Nacht   !

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